Die laute Kraft der leisen Töne von Emily Byron

Emily Byron

Hast du dir schon mal vorgestellt, wie es wäre, eine erfolgreiche Buch-Autorin zu sein, die eine eigene Verlegerin und schon mehrere veröffentliche Bücher hat? Hast du vielleicht schon mal davon geträumt?

Und dir gleichzeitig gedacht: Um mich selber zu vermarkten bin ich viel zu schüchtern und zurückhaltend? Oder vielleicht so etwas ähnliches wie: Ich bin ja keine Mara Stix…

Manchmal werden Träume wahr. Lies im folgenden Gastartikel, wie Emily Byron ohne eine große „Rampensau“ zu sein, ihren Traum, Schriftstellerin zu werden, wahr machte und sich und ihre Bücher mit leisem, aber hoch effektivem Marketing promotet.

 

Gastartikel von Emily Byron

„Aber ich war zuerst dran!“

Wer wurde mit diesem Satz nicht schon einmal irgendwann konfrontiert?

Ich begegnete ihm vor ein paar Tagen, als ich ein altes Bild für kleines Geld in der Verkaufsgruppe eines sozialen Netzwerks anbot. Nur Sekunden später wurde ich mit Anfragen unter dem Foto überhäuft, und auch mein privates Postfach quoll vor Nachrichten über. Als ich dann versuchte, dieser Flut der Kaufwilligen Herr zu werden und das Bild für eine Dame aus dem Postfach reservierte, war die Empörung einer anderen Interessentin enorm. Sie pochte wie eine Besessene auf ihr vorrangiges ‚Einkaufsrecht’ und darauf, dass ihr das Bild praktisch zustehe. Einfach, weil sie als Erste etwas unter das Foto geschrieben hatte. Das Ergebnis der Geschichte – ich blieb ruhig und ließ sie toben, soviel sie wollte. Das Bild bekam eine andere.

Diese bizarre Situation brachte mich zu der Überlegung, ob generell der Drang, immer und überall der/die Erste sein zu wollen, auch automatisch den gewünschten Erfolg bringt. Oder ob manchmal eine gewisse Zurückhaltung nicht doch eher zielführend ist. Sicher, unsere Gesellschaft lebt es uns anders vor.

Second place is the first loser.

Aber… ist das denn tatsächlich so?

 

Zum Erfolg mit leisem Marketing

„Klappern gehört zum Handwerk“ ist ein altbewährter Spruch, genauso wie „Nicht kleckern, sondern klotzen“. Eine Freundin beispielsweise hat es auf diese Weise innerhalb von nur neun Monaten geschafft, sich so erfolgreich selbständig zu machen, dass sie für das kommende Jahr bereits komplett ausgebucht ist. Sie ist das, was ich als laut bezeichne. Zielstrebig geht sie ihren Weg und nutzt dabei jede sich bietende Gelegenheit, selbstsicher auf sich aufmerksam zu machen.

Ich kann so etwas nicht. Der Erfolg, der mir seit 2010 konstant ins Haus schneit, ist meiner Meinung nach vielmehr das Ergebnis von bescheidener Bedachtsamkeit gepaart mit etwas Glück und einigen wohldosierten Marketinghäppchen:

Mein erstes Buch veröffentlichte ich als reines Hobby per Selfpublishing. Obwohl es unlektoriert und aufgrund der hohen Seitenzahl – Verzeihung – schweineteuer war, fand es überraschend hohen Anklang und verschaffte mir weitere Publizierungsmöglichkeiten. Ein Blog sorgte zusätzlich für eine konstante Schreibplattform, und ich befreundete mich online mit Menschen, von denen ich annahm, ihnen könnte mein Werk gefallen. In passenden Foren klopfte ich vorsichtig-höflich an, ob ich mich und mein Buch kurz vorstellen dürfte. Es gab nicht einen Forenbetreiber, der dies ablehnte. Das Ganze war für mich ein aufregendes, wenn auch druckbefreites Abenteuer, das einfach so nebenbei lief. Ich war zuversichtlich, dass meine Zeit irgendwann einmal kommen würde. Und bis dahin würde ich mich in Geduld üben und weiter meine kleine, feine Vermarktungsschiene fahren.

 

Das Treffen mit meiner Verlegerin

Ende 2011 traf ich meine heutige Verlegerin, von der ich anfangs beruflich gar nichts wusste. Als sie erzählte, dass sie im Verlagswesen tätig sei, schlug mein Herz sofort höher, nur um sich kurz darauf in zwei Teile zu spalten:

„Das ist deine Chance“, jauchzte die eine Hälfte, „sprich sie an, mach auf dich aufmerksam!“

Sogleich wetterte die andere Hälfte dagegen:

„Nein, das kannst du nicht tun. Die Arme muss sich doch sicher jeden zweiten Tag von jemandem anhören, dass die Tochter der Putzfrau des Bruders der besten Freundin etwas geschrieben hat, das unbedingt verlegt werden muss.“

Was letztendlich passierte? Sie ahnen es sicher. Die zweite Hälfte gewann.

Zumindest vorerst.

 

Die zurückhaltende Anfrage

Ganze zwei Wochen haderte ich mit mir, bis ich mich schließlich traute, dem Drängen der ersten Hälfte nachzugeben und meine Verlegerin anzusprechen. Allerdings bat ich sie, sich meine Kurzgeschichten nur anschauen, um mir ein oder zwei Tipps zu geben, was insgesamt verbessert werden könnte. Das Wort ‚Veröffentlichung’ war zu dem Zeitpunkt für mich nicht einmal annähernd im Bereich des Denkbaren.

Vielleicht war es gerade diese zurückhaltende Anfrage, die überzeugte, einen Blick auf meine Texte zu werfen. Als sie sie mir zurückgab und auf meine Frage, was ich besser machen könnte, ein einfaches „Nichts“ entgegnete, da war ich schon etwas enttäuscht. Zumindest ein bisschen Kritik hatte ich mir erhofft, um mich weiter entwickeln zu können. Ich wusste diese Antwort nicht wirklich einzuordnen, dennoch nahm ich sie an, wie sie war, bedankte mich artig für ihre Zeit und schrieb weiter meine Geschichten. Ein halbes Jahr zog darauf ins Land, bis mich eines Tages meine Verlegerin aus heiterem Himmel kontaktierte, sie baue gerade einen neuen Verlag auf. Da ihr meine Kurzgeschichten so gefallen hatten, wollte sie mich nun unbedingt als Autorin unter ihre Fittiche nehmen.

 

Der Rest ist eine schöne (Erfolgs-)Geschichte.

Und eine leise obendrein.

Natürlich hätte ich meinen Erstling rückblickend auch mit ausgeklügelten Guerillatechniken bewerben und durchs Megafon trötend vor jeder Verlagstür campieren können in der bebenden Hoffnung, irgendwann einmal erhört zu werden. Doch genau das war und ist nicht mein Stil. Mittlerweile wage ich sogar zu behaupten, dass es gerade diese ruhige und auf das Schicksal vertrauende Art war, die mir all diese glücklichen Fügungen auf meinem Weg beschert hat. Mit ein paar lehrreichen Ausnahmen, zugegeben. Man kann sich als Leisetreter wahrlich nicht darauf verlassen, dass einem im ausschlaggebenden Moment immer das Glück oder eine andere Form von Hilfe zur Seite steht.

Das wiederum bedeutet, dass man sich schon auch mal trauen muss, hier und da ein „Mich gäbe es übrigens auch noch!“ in die Runde zu werfen. Man darf sich auch nicht wundern, wenn einen von Zeit zu Zeit diejenigen, die die Hardcore-Selbstvermarktung in die Wiege gelegt bekommen haben, mit Vollgas überholen. That’s life. Wenn ich mal überholt werde, dann blicke ich zwar schon ein wenig sehnsüchtig hinterher, aber weiß zugleich auch, dass ich meinen Pfad zum Erfolg genauso beschreiten werde. Nur eben auf die leise Art, die zu mir passt. Die letzten Jahre haben mich mehr als einmal gelehrt, dass es so für mich richtig ist.

 

Man muss nicht immer der/die Erste sein, damit man seine Ziele erreicht.

Man muss auch nicht bei jedem sich nur bietenden Anlass schallend auf sich aufmerksam machen. Zumindest nicht, wenn es nicht dem eigenen Naturell entspricht. Wenn man Talent hat, dazu ein klein wenig Fingerspitzengefühl in Sachen Selbstvermarktung, umhüllt von unerschütterlichem Glauben an den kommenden Erfolg, und das zum Schluss noch garniert mit einer Mischung aus Glück und Dankbarkeit für das bisher Erreichte… ja, dann schaffen es auch die leisen Töne, Gehör zu finden.

Der Ton macht eben immer noch die Musik, und im Endeffekt kommt es nur darauf an, dass man im passenden Moment den richtigen anschlägt.

In diesen Momenten ist leise dann manchmal sogar lauter, als laut es jemals sein könnte.

 

Über Emily Byron

Emily Byron

Weihnachten 2009 überkam Emily Byron wie aus dem Nichts die Idee zu ihrem Buch „Auserwählt – Die Linie der Ewigen„. Sofort setzte sie sich an den Rechner und begann in jeder freien Minute zu schreiben. Innerhalb von nur drei Monaten war der Erstling fertig. Nach einem erfolgreichen Selfpublishing erschien das Buch schließlich im Juni 2013 bei Edel:eBooks. „Auserwählt“ hielt sich daraufhin mehrere Wochen in den Top 100 der Amazon Fantasy Bestseller eBooks sowie Bücher. Kurz danach folgte die Veröffentlichung eines kleinen Kurzgeschichtenbandes. 2014 wurde die Fortsetzung „Verraten – Die Linie der Ewigen“ veröffentlicht, welche noch im gleichen Jahr von den Lesern und Leserinnen im Rahmen des Lovelybooks Leserpreises unter die 35 besten Ebooks gewählt wurde.
Die studierte Soziologin liebt das Mystische, Schaurige und dunkle Themen jeder Art. Privat nutzt sie jede Gelegenheit, um neben der Schriftstellerei ihrer zweiten Leidenschaft, dem Tauchsport, nachzugehen. Emily Byron lebt zusammen mit ihrem Freund und ihren zahlreichen Haustieren, die sie aus Pflegestationen adoptiert oder selbst aus Notsituationen gerettet hat, in München.

Ich freue mich über deine Meinung!

7 Comments

  • Helga

    Reply Reply 21. Dezember 2014

    Was für ein schöner Artikel! Es tut so gut, das zu hören! Weiterhin ganz viel Erfolg für dich und danke für das Mut machen auf „leise Töne“. LG Helga

  • Tom Oberbichler

    Reply Reply 21. Dezember 2014

    Vielen Dank, liebe Emily!
    Menschen, die wie du ihre Leidenschaft ausleben und ihr Potential ausschöpfen, machen damit der ganzen Welt das schönste Geschenk!

    Ich bin jeden Tag aufs Neue begeistert, wie viele Wege es heute gibt, um Bücher zu schreiben und mit ihnen Erfolg zu haben!

    Mit oder ohne Verlag, sobald Menschen beginnen ihre Idee in die Tat umzusetzen, werden Möglichkeiten zu Tatsachen!

    Viel Erfolg weiterhin und alles Gute zur Windersonnenwende!

    Be wonderful! Tom

  • Natalie Schnack

    Reply Reply 21. Dezember 2014

    Wie wunderbar diese Bestätigung dafür, was ich „predige“ zu lesen! Wenn man nicht zu anderen schielt, die von Haus aus gänzlich andere Voraussetzungen mitbringen, sondern sich so wie man ist akzeptiert. Wenn man fest an sich glaubt. Dann kann jeder erfolgreich sein, eben im eigenen Tempo und auf die eigene Art.

    Herzlich-leise Grüße an Emily
    Natalie Schnack
    Sichtbarkeits-Coach und Autorin von „Leise überzeugen: Mehr Präsenz für Introvertierte“

  • Philipp

    Reply Reply 22. Dezember 2014

    Hallo Emily,

    schön zu lesen, dass es noch mehr Menschen gibt, die auch ohne Pauke ganz dezent erfolgreich sind!

    Hast du dich darüber auch schon mit anderen ausgetauscht? Meiner Erfahrung nach kommt es nämlich häufiger vor, als man denkt, dass Nachfragen von sanft angestimmten Interessenten kommen. Deshalb würden mich die Erfahrungen anderer interessieren.

    Herzlicher Gruß,
    Philipp

  • Anna

    Reply Reply 23. Dezember 2014

    Wie wundervoll, liebe Emily!

    Genauso sehe ich das auch! Ich habe Vertrauen, dass der Erfolg auch leise zu einem kommen kann, wenn man Vertrauen in das Leben hat und seiner eigenen, persönlichen Linie folgt. Es ist so fantastisch, deinen Beitrag hier zu lesen, denn ich stecke in einer sehr änlichen Situation! Auch ich habe ein Fantasy-Buch geschrieben (die Überarbeitung ist noch nicht ganz fertig) und weiß noch nicht, wie es weitergeht, bin mir aber sicher DASS es weitergeht! Und ich werde mir gleich mal dein Buch ansehen! 🙂
    DANKE für diesen wundervollen Artikel – ich werde sicher noch öfter an ihn denken!

    Anna

  • Ralf Maslak

    Reply Reply 24. Dezember 2014

    Hallo,

    jeder kennt den Satz: Wie man in den Wald reinruft, so schallt es hinaus. Das galt im letzten Jahrtausend immer. Ob marketingpsychopathische Sich oder vernünftig. Im neuen Jahrtausend sind aber eher die Ansichten wichtig, die effektive Mittel nutzen, anstatt die Energien an den Fassaden zu verschwenden. Die Informationsflut hat so zugenommen, dass man eigentlich keine Energie mehr zu verschwenden hat. Es ist sehr gut von Leuten zu lesen, die es auch leise geschafft haben!

    Schönen Gruss

    Ralf

  • Clarice

    Reply Reply 24. Dezember 2014

    Vielen Dank für deinen Artikel! 🙂 Damit fühle ich mich beruhigt und bestätigt! Ich setze auch lieber „leise“ Töne. Mutmachende Worte! 🙂
    Schriftstellerin ist auch mein Berufswunsch, ich widme mich den Themen Gesundheit, Ernährung, Spiritualität <3

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